„Schule ohne Gewalt ist Illusion“

Fortbildung mit der Ebert-Stiftung

Es gibt an jeder Schule Gewalt und das dürfe nicht verschwiegen werden. Diese Botschaft nahmen Mittwochabend im „Philipp“ etwa 50 Schulleiter, Lehrer und Sozialarbeiter mit nach Hause.

Gemeinsam diskutierten Mittwoch die Besucher des Forums „Anti-Bullying“, das von der SPD-nahen Ebert-Stiftung organisiert wurde, mit dem Polizeioberrat Joachim Schilling sowie dem Schul- und Medienexperten Peter Schulze über Aggressionen und Mobbing unter Kindern und Jugendlichen.

„Schule ohne Gewalt ist Illusion.“ Mit dem Satz zerstörte Joachim Schilling alle Illusionen und legte mit der These der „Allgegenwart der Aggressivität“ den Finger in die Wunde. Gewalt lasse sich nicht ausschließen, aber durch Prävention verringern. Ein solches Projekt sei „Anti-Bullying“ – das Programm gegen Schikanen stärkerer Schüler gegenüber Schwächeren.

Besonders interessierte die Gäste die Frage, wie – mit Blick auf die zweite Sarrazin-Debatte – nun Lehrer ihre Schüler richtig zu behandeln haben. Schilling: Die Kinder seien zum selbständigen Handeln zu ermuntern. Sollten sie allerdings Regeln verletzen, so gelte es, „konsequent“ – also auch mit Strenge – zu reagieren.

Auch Peter Schulze vom Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg wusste für Erhellendes zu sorgen. Er plädierte für eine „veränderte Schulkultur“. Als Mittel zum Zweck erklärte er „intensive Gespräche“ zwischen Lehrern, Schülern und Eltern. Schulze suchte gleichfalls, die oft verunsichert wirkenden Pädagogen zu motivieren: „Wir wollen Sie starkmachen, offensiv zu werden.“

Wenn in der Klasse etwas passiere, so „dürfen Sie als Eltern und als Lehrer nicht schweigen“. Dass Schulkinder ihnen angetane Gewalt oft verschweigen, weiß die Leiterin der Nicolaischule Marina Eckhardt. Sie kennt auch das „Schweigen unter Lehrern“. Das Problem sei die Angst, das eigene Image und den Schulruf zu ruinieren.

Selbst in Gefahr zu geraten war eine weitere Sorge der Pädagogen, die diskutiert wurde. Joachim Schilling: „Wenn Sie bei dem Schüler ein Messer sehen, dann dürfen Sie natürlich seine Tasche kontrollieren und sich notfalls wehren.“

Anschließend wandte sich die Gesprächsrunde dem alltäglichen Umgang der Lehrer mit ihren Schülern zu. Wolfgang Ricken, Leiter der Otto-Tschirch-Oberschule, glaubt, Lehrer müssten heute in erster Linie Sozialpädagogen sein und erst dann Fachexperten im Schulwissen.

Nach der Veranstaltung zeigten sich die Schulleiter von dem Programm überzeugt. „Das Projekt finde ich super“, sagte Elke Magdanz. „Ich bin begeistert, das war längst schon fällig“, meinte Marina Eckhardt. Auch Wolfgang Ricken zeigte sich dankbar für „ein paar fachliche Hinweise“, die er mitnehmen könne.

Dmitri Steiz, „Schule ohne Gewalt ist Illusion“. Fortbildung mit der Ebert-Stiftung, in: Märkische Allgemeine. Zeitung für das Land Brandenburg, Brandenburger Stadtkurier, 28. Januar 2011, S. 15.